Bild Gruppenumarmung Trauergruppen
Bild: fauxels, Pexels

FAQ Trauergruppen:
Das erwartet Dich

Du denkst, in Trauergruppen werden nur Tücher und Räucherstäbchen geschwenkt? Und das ist nicht deins? Nachvollziehbar. Und du darfst ruhig mehr erwarten. In diesem Artikel erfährst du

  • welche Trauergruppen es gibt und wie du sie findest,
  • warum Trauergruppen für viele Menschen funktionieren, und
  • was eine gute Gruppe ausmacht.
Und das wichtigste vorneweg: Die Teilnahme ist freiwillig.
Dränge als angehörige Person niemanden zur Teilnahme. Und wenn du selbst trauerst: Lasse sich nicht drängen!

In Trauergruppen treffen sich Menschen, die den Tod eines anderen Menschen verarbeiten.

Und auch, wenn es einzelne Trauerende gibt, die sich von einer Gruppe belastet fühlen: Viele Trauernde finden den Austausch mit anderen Menschen, die auch einen Verlust erlitten haben, sehr hilfreich Und manche davon waren vorher skeptisch, ob eine Trauergruppe für sie das richtige ist.

Was passiert bei einer Trauergruppe?

In einer Trauergruppe treffen sich Menschen und arbeiten durch den Verlust ihres lieben Menschen – Jede und Jeder für sich und gleichzeitig gemeinsam. Die Gruppe ist dazu da, einander Trost zu spenden, sprechen zu dürfen UND den anderen zuzuhören, auf Wunsch (und nur dann, bitte) Tipps zu teilen und gemeinsam Zeit mit der Trauer zu verbringen.

Kurz gesagt halten Teilnehmer_innen in einer Trauergruppe gegenseitig den Raum für die Trauer jedes einzelnen Mitglieds.

Wie das passiert, ist von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich: Viele Gruppen sind Gesprächsgruppen. Dort teilen sich die Trauernden über die Themen mit, die aktuell schwer wiegen – besonders in offenen Gruppen (mehr siehe unten). In manchen Gruppen (häufig in geschlossenen Gruppen) wählt die Gruppenleitung für jede Stunde ein Thema aus, das behandelt wird.

Manche Gruppen gestalten die Trauer aktiv: Sie gehen gemeinsam wandern, lernen Entspannungstechniken, oder drücken ihre Trauer mit kreativen Methoden aus – von Schreiben über Malen bis Ausdruckstanz kann alles dabei sein.

Was alle Gruppen gemeinsam haben: Trauernde finden in anderen Trauernde eine wohltuende Gemeinschaft – gerade weil man sich die Zugehörigkeit nicht ausgesucht hat.

Welche Trauergruppen gibt es?

Wer auf der Suche nach einer Gruppe ist, wird bei den verschiedenen Fachverbänden fündig, zum Beispiel die Übersicht über Trauergruppen bei trauergruppe.de oder spezielle Selbsthilfegruppen für Verwaiste Eltern (hier geht es zum Bundesverband) oder für Suizid-Hinterbliebene (AGUS).

Dabei gibt es verschiedene Arten von Gruppen:

Selbsthilfegruppen

Viele Trauergruppen sind Selbsthilfegruppen: Hier sind die Gruppenleitenden selbst betroffen. Sie leiten die Gruppe ehrenamtlich und sie sind in der Regel ausgebildet in Trauerbegleitung und Gruppenleitung (ich bin zum Beispiel ehrenamtliche Gruppenleiterin in der Sternenkindergruppe der Verwaisten Eltern und trauernden Geschwister München e.V.).

Wenn Gruppen von hauptberuflichen Angestellten oder selbständigen Therapeuten im Auftrag eines Trägers geleitet werden, sind es strenggenommen keine Selbsthilfegruppen. Denn Selbsthilfegruppen bauen auf dem Vertrauen auf, dass Menschen ihre Trauer im richtigen Umfeld bewältigen können.

Und auch wenn der „professionelle Hintergrund“ auf den einen oder anderen beruhigend wirken mag: Viele Trauernde erleben gerade die eigene Betroffenheit ehrenamtlicher Trauerbegleitung als sinnvoll, weil die Gruppenleitungen die besten Beispiele sind, dass wir als Menschen auch schwere Verluste überleben können. Letztlich ist es eine Frage von Chemie und Vertrauen.

Geschlossene und offene Gruppen

Es hängt vom Konzept der Gruppe ab, ob sich immer dieselben Gruppenmitglieder in einer geschlossenen Gruppe treffen oder ob zu jedem Zeitpunkt neue Mitglieder dazukommen können – wie in einer offenen Gruppe. Jede der beiden Gruppenarten hat Vor- und Nachteile.

In einer geschlossenen Gruppe fällt es manchen Menschen leichter, Vertrauen aufzubauen, da man sich ja mehrfach trifft. (Und gleichzeitig ist man auch an die Menschen gebunden, für die ad-hoc noch keine Sympathie da war.) Dazu trägt auch bei, dass sich alle gleichzeitig auf die Reise machen und bestimmte Stationen absolvieren. Das verbindet ungemein. 

Der Nachteil: Wer nicht drin ist, muss warten.

Das ist einer der großen Vorteile der offenen Gruppe: Für die Aufnahme müssen neue Mitglieder nicht abwarten – sie kommen dazu, wenn sie so weit sind.

Und offene Gruppen geben Beispiele: Im Austausch mit Menschen, bei denen der Todesfall schön länger zurückliegt, schöpfen frisch Betroffene Zuversicht, dass auch sie eines Tages stabiler in der Trauer sind. Und Trauernde, die schon länger betroffen sind, begreifen, wie weit sie schon gekommen sind, wenn sie frisch Betroffenen sehen. Schon mehrfach habe ich dann den verwunderten Satz gehört: „Vor ein paar Monaten saß ich so da – und irgendwie ging es dann doch weiter“.

Falls man die Wahl hat, muss Jede_r für sich entscheiden, was besser passt.

Trauergruppen nach Anliegen

Viele Trauergruppen richten sich an bestimmte „Zielpersonen“, je nachdem, wer gestorben ist: an Suizid-Hinterbliebene, Verwaiste Eltern oder trauende Geschwister, an Witwen und Witwer, an trauernde Kinder. Manchmal ist die Unterteilung sogar noch feingranularer – dann treffen sich verwaiste Eltern, deren Kinder in der Schwangerschaft oder rund um die Geburt gestorben sind, in einer anderen Gruppe als Eltern, deren Kinder an Suizid gestorben sind.

Durch die Aufteilung fühlen sich manche Trauernde „sicherer“, dass die anderen Teilnehmenden sie verstehen. Die Betroffenen machen manchmal ähnliche Erfahrungen in der Trauer – geplatzte Hoffnung, wenn das Kind stirbt, oder Alltagsbewältigung beim Tod des oder der Lebenpartners_in. Und sie erfahren mitunter ähnliche Reaktionen aus ihrem Umfeld: etwa die Erfahrung, dass die Trauer um ein verstorbenes Kind in der Schwangerschaft vom Umfeld aberkannt wird.

Und meine Erfahrung zeigt mir: Das Mitfühlen ist vor allem eine Frage der Empathie-Fähigkeit. Auch in Sternenkindergruppen gibt es manchmal Eltern, die anderen Eltern ihre Trauer aberkennen. Deswegen ist eine gut ausgebildete Gruppenleitung wichtig – dazu mehr unten.

Was erwartet mich bei einer Trauergruppe?

Viele Teilnehmende einer Trauergruppe sind überrascht, dass sie sich mit bisher Fremden so gut austauschen können – und das oft ja über durchaus persönliche Dinge. Warum ist das so?

Verbindung durch geteiltes Schicksal

Trauernden, die eine Gruppe besuchen, finden im Austausch mit anderen Betroffenen und über das als gemeinsam erlebte Schicksal oft schnell einen Draht zueinander. Das ergänzt für viele Trauernde die Unterstützung durch Familie und Freunde und entlastet diese Beziehungen oft.

Vielen spendet zudem das Wissen Trost, nicht die einzige betroffene Person zu sein (besonders wenn es ein plötzlicher Todesfall war).

Andere fühlen auch so

Wenn Trauer Neuland ist, beruhigt die Erfahrung, dass andere sich auch „so“ fühlen: so traurig, so verzweifelt, so einsam, so wütend, so unfair behandelt, so verletzlich, so… Durch den Austausch mit anderen erkennen viele Trauernde, dass diese Emotionen Teil des Trauerprozesses und für ihre Situation „normal“ sind – auch wenn die Situation selbst eine absolute Ausnahmesituation ihres Lebens ist.

Weniger erklären müssen

Viele Trauernde sagen, das über-den-Tod-sprechen mit den „neuen besten Bekannten“ in einer Selbsthilfe- oder Online-Gruppe als leichter als mit Freunden. Ein Grund könnte sein, dass Trauernde sich in der Gruppe weniger erklären müssen. Wenn die Anderen ähnliches erlebt haben oder ähnliches fühlen, ist es einfacher, über die eignen Gefühle und Erlebnisse zu sprechen.

Manche Trauernde haben auch das Gefühl, dass sie weniger Rücksicht nehmen müssen, was sie sagen. Wenn Jede_r den oder die eigene_n Geschichten dabei hat, belastet die eigene Erzählung die anderen weniger.

Und schließlich kennen die anderen einen ja nicht von vorher – dadurch kommt es viel seltener zu Situationen, in denen man die Unsicherheit oder Angst oder Bestürzung bei Freunden oder Kollegen aushalten muss.

Mir als Trauerbegleiterin fällt es übrigens leichter, die Ressourcen und Stärken von Trauernden zu sehen, die ich vorher nicht kannte – mit kann ja gar kein Delta auffallen.

Tipps und Bewältigungsstrategien austauschen

Zusätzlich können Trauernde Bewältigungsstrategien und Ressourcen austauschen. Damit finden sie gemeinsam neue Wege, mit ihrer Trauer umzugehen. In einer gut geleiteten Gruppe gehört es dazu, dass Rat und Tipps nur auf Anfrage oder Aufforderung gegeben werden. Jeder Trauerweg ist so individuell, dass alles andere anmaßend wäre.

Andere bei ihrer Trauerreise unterstützen

Während der ersten Treffen stellen viele Trauernde fest: Es ist hilfreich, anderen bei deren Trauerreise zu helfen. Hier entsteht neben der Verbindung auch das Gefühl, „nützlich“ für andere zu sein. Je länger Menschen Teil einer Trauergruppe sind, desto eher erleben sie, dass das Teilen der eigenen Erfahrungen anderen Trauernden Mut machen kann. Und sie sehen beim Treffen mit frisch Trauernden, welchen Weg sie selbst schon zurückgelegt haben.

Zeit für den_die Verstorbene finden

Manche Trauernde in meiner Trauergruppe sagen in der Schlussrunde, dass sie froh über die Zeit für das Andenken an den_die Verstorbene hatten, dass das Andenken im Alltag manchmal untergeht, und sie sich nach den zwei Stunden wieder verbundener fühlen. Hier liegt der Todesfall in der Regel schon mehrere Monate zurück, die Trauer wird im Alltag in den Hintergrund gedrängt, ist aber nicht vorbei. Auch dafür sind Trauergruppen da – der Trauer als Verbindung wieder Raum geben.

Woran erkenne ich eine „gute“ Trauergruppe?

Und bei allem Teilen von Geschichten: Gerade in Trauergruppen müssen Grenzen gewahrt bleiben, die die Mitglieder schützen.

Dazu dienen Gruppenregeln, die vereinbart werden; in einer offenen Gruppe sind es stehende Regeln, die neue Mitglieder im Verhalten der anderen und auch explizit kennenlernen dürfen.

So sollte es zum Beispiel einen Konsens darüber geben, dass Jede_r die Chance zum Teilen bekommt, auch ohne Unterbrechung. Gleichzeitig darf sich keine Person verpflichtet fühlen, etwas zu sagen – neugierige Nachfragen gehen gar nicht!

Da Jede_r eine eigene Trauerreise hat, sprechen die Teilnehmenden vor allem von sich und ihrer Trauer; Ratschläge und Tipps haben im besten Fall nur bei expliziten Frage Platz; und „Du musst“-Formulierungen bleiben draußen. Hilfreich ist eine Haltung des ernsthaft interessierten Zuhörens.

Damit das gelingen kann, braucht es qualifizierte Leitende. „Qualifiziert leiten“ bedeutet dabei: Qualifiziert in der Trauerbegleitung!

Das ist keine Unterscheidung auf zwischen haupt- oder ehrenamtlich sondern in der Haltung zur Trauer: Ausgebildete Trauerbegleiter_innen haben in der Ausbildung gelernt, wie sie die eigenen Emotionen im Griff haben und wie sie den unangenehmen Gefühlen anderer begegnen. Sie leben Geduld und Anerkennung der Trauer vor, vermitteln, dass Trauer keine Krankheit ist, die kuriert werden muss, und erkennen an, wie unterschiedlich Bewältigungsstrategien und Trauerverläufe sein können.

Sie teilen bei Bedarf Wissen über Trauer und sie sollten in der Gruppenleitung oder Moderation ausgebildet sein – so können sie einen Raum schaffen, in dem die Trauernden ohne Grenzverletzungen oder Wertungen miteinander sprechen.

Wenn Gruppenleitende Weiterbildungen besuchen und sich in einer Supervision regelmäßig reflektieren, deutet das ebenfalls auf Qualität hin.

Einige Gruppen geben sich die Regel, dass es mindestens zwei Gruppenleitende pro Abend geben sollte – um schwache Momente aufzufangen und den Verlauf später gemeinsam zu reflektieren. Das beugt einer möglichen „Selbstherrlichkeit“ der Gruppenleitung vor.

Voraussetzungen für den Besuch einer Trauergruppe

Trauernde erwarten beim Besuch einer Gruppe zu Recht, dass die anderen ihnen zuhören. Das bedeutet auch: Sie selbst müssen bereit sein, anderen Trauernden zuhören. Sonst funktioniert eine Gruppe nicht.

Deswegen ist es wichtig, eine gewisse Stabilität und Selbstreflektion mitzubringen:

  • Kann ich zuhören, ohne zu werten, anderen ins Wort zu fallen, oder nur auf die eigene Geschichte umzuleiten?
  • Kann ich meine Geschichte so erzählen, dass sie für andere gut anhörbar ist? Kann ich zum Beispiel blutige Details weglassen?
  • Was darf ich von der Gruppe erwarten – und was gebe ich selbst?

lz

Und: Der Besuch einer Trauergruppe ist besonders dann sinnvoll, wenn sich Trauernde dazu entscheiden. Personen, die von Angehörigen „hingedrängt“ werden, können die Vorteile aus der Gruppe oft noch nicht für sich nutzen. Und manchmal sind sie überfordert mit der Geschichten der anderen. Das sollte das Umfeld respektieren.

lz

Was tun, wenn man weitere Hilfe bei Trauer braucht?

Wenn man noch Anliegen hat, die für die Gruppe nicht geeignet sind, können Einzelgespräche oder Einzeln-Coachings ein sinnvoller erster oder paralleler Schritt sein, um sich auf eine Gruppe vorzubereiten.

lz

Trauer-Coaching gesucht?

Kontaktiere mich für ein Kennenlernen: hallo [at] trauer-coaching.de

de_DEDE
WordPress Cookie Plugin by Real Cookie Banner