An Veränderungen arbeiten
mit lösungsfokussierten Haltungen
Wer mag Veränderungen?
Und wer ändert gern etwas am Eigenen?
Etwas im eigenen Leben ändern wollen, ist das Eine. Den Anfang finden und dranbleiben oft etwas Anderes. Das gilt erst recht, wenn wir uns eine Veränderung nicht ausgesucht haben.
Die Serie unten beschreibt, welchen Unterschied lösungsfokussierte Haltungen bei Veränderungen machen, und wie ich sie in Ihrem / deinen Coaching einsetze.
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Die Texte sind Teil einer LinkedIn-Serie zu dem Thema. Die Links am Ende der Artikel führen zu den Posts – mit entsprechenden Visuals.
Selbst wer bei Veränderungen in der Außenwelt jubelnd „Hier“ ruft, muss kein Fan von gewollt-geplanten Veränderungen im eigenen Leben sein. Denn während (1) für viele Menschen Abwechslung und das Ausleben von Neugier bedeutet (… längst nicht für alle), bedeutet (2) oft sowas „Lang-Weil-iges“ wie „langer Atem“ oder „Durchhalten“.
Oder in kurz: An Veränderungen arbeiten ist more work, less fun als das Sich-über-Veränderungen-freuen. So wirkt es zumindest, oder?
🔭 Wie wäre es mit einem Perspektivwechsel auf das (Etwas-an-)Sich-Verändern?
👉 Stolz auf Geschafftes, gerade weil es schwierige Abschnitte auf dem Weg gab.
👉 Das „Ahhhh“, wenn der Horizont hinter dem selbst gesteckten Zwischenziel aufgeht.
👉 Selbstwirksamkeit spüren, weil ich etwas verändern konnte (versus dem Gefühl von Ohnmacht, Entwicklungen ausgeliefert zu sein).
👉 Überraschung ob der Einsicht, wer oder was hilfreich ist.
👉 Dankbarkeit auch für das, was ich nicht freiwillig gelernt habe.
Diese Reaktionen bemerke ich nicht nur an mir. In Coachings oder in der Begleitung von Trauerfällen beobachte ich sie, wenn jemand etwas verändern möchte und es schafft. Das Geheimnis ist der Fokus auf die kleinen Schritte:
👣 Zum Beispiel das schrittweise Erfinden eines neuen Alltags nach dem Tod eines lieben Menschen. Oder das schrittweise Besser-werden in einer neuen Verantwortung.
Und hier kommen die beiden Effekte, die ich am schrittweisen Arbeiten an Veränderungen besonders mag.
👣 Eine Mini-Veränderung ist fast immer machbar, wenn sie einfach und überschaubar genug ist: Selbst Menschen in tiefer Trauer können bemerken, dass tiefes Durchatmen beruhigend wirkt. Das bringt den vermissten Menschen natürlich nicht zurück, aber es kann manchmal (manchmal ist besser als nie) dafür sorgen, dass man dem verzweifelten Schluchzen etwas entgegensetzen kann.
👣 Kleine Veränderungen sind bei vielen Menschen nachhaltiger: Um die Ernährung umzustellen, braucht es ganz schön viel Energie und Durchhaltevermögen. Den Veganuary mal mitzumachen, wirkt dagegen viel machbarer. Und dann sehen, was der Februar so bringt.
Welche kleine Veränderung hat dein / Ihr Leben verändert?
Zum LinkedIn-Post „Veränderungen“ – mit Visual.
„Ich möchte Dich gern noch einmal sehen, Mondenkind. (…) Warum lachst Du?“
„Weil ich froh bin.“
„Worüber denn?“
„Du hast eben Deinen ersten Wunsch gesagt.“
Dieser Dialog aus der Unendlichen Geschichte* ruft mir eine einfache Erkenntnis in Erinnerung: Wünsche, die wahr werden, sind auf etwas Konkretes in der Zukunft gerichtet.
Und obwohl das so einfach wirkt, fällt es mir nicht immer leicht, ihn zu beherzigen. Hin und wieder sehe ich bei Coachees (und ertappe ich mich selbst dabei), dass der Wunsch zunächst nur von etwas wegtreibt; etwas, das nicht mehr passt oder wünschenswert ist.
Was gut an diesem Weg-von-Wunsch ist: Er gibt Energie für Veränderung, für eine kraftvolle Bewegung weg vom aktuellen Zustand.
Was fehlt, ist die Richtung für die Bewegung, die letztlich zu etwas Neuem führt. Erst die Orientierung an einem neuen Ziel gibt diese Richtung.
⚡ „Where the focus goes the energy flows“ ⚡
In Coachings bedeutet das, das Ziel mit einer „Hin-zu“-Qualität auszustatten. Wenn es eine starke „Weg-vom-Jetzt“-Energie gibt, lässt sie sich zum Beispiel durch die Frage „Was stattdessen“ auf das Ziel lenken.
Anschließend wird das Ziel mit möglichst vielen Details ausgeschmückt. Ich kann zum Beispiel fragen, wie sich die erreichte Veränderung im Leben zeigen wird, und exploriere das. Mit Ausschmücken des Ziels fokussiert mein_e Coachee die Energie dorthin, in die Zukunft. Sie gibt also die Richtung für die Bewegung oder Veränderung.
In der Unendliche Geschichte (er-)findet Bastian als natürlicher Geschichtenerzähler diese Details übrigens spielend und sie werden sofort wahr. Und so wird aus einem leblosen Sandkorn ein Samenkorn, aus dem ganz Phantásien neu entsteht. Dazu mehr in einem der nächsten Posts. Und das ist nur der erste Schritt auf dem Weg zu seinem wahren Wunsch – das weiß er aber noch nicht.
Zum LinkedIn Post über Wünsche und Ziele.
(*) Der Dialog zwischen der Kindlichen Kaiserin und Bastian aus der Unendlichen Geschichte ist die Wiedergeburt Phantásiens nach dem „Urknall“, in Kapitel 13 „Perelín, der Nachtwald“.
Ausnahmen können Unterschiede werden, die einen Unterschied machen.
Wer sich Veränderung wünscht, muss nicht immer alles neu erfinden. Oft ist es einfacher, das zu stärken, was schon funktioniert. Die Frage an Coachees lautet dann: Was ist Dir schon gut gelungen? Oder: Was funktioniert schon?
Wenn eine_e Coachee die Arbeit in einer neuen Position oder Rolle neu sortieren möchte, kann sie vermutlich auf Muster zurückgreifen, die schon getragen haben. Also auf das, das schon einmal funktioniert hat.
Aber was ist, wenn es da nichts gibt?
Wenn mein Gegenüber eine akut trauende Person ist, hat sie vielleicht auf den ersten Blick (und manchmal auch auf den zweiten) keine Referenzsituation, an der sie sich bedienen könnte. Ein Verlust kann als so außergewöhnlich erlebt werden, dass nichts von dem Bestand hat, was bisher im Leben galt. Mit dem Ergebnis, dass manche Trauernde sich mit einer Antwort schwertun auf die Frage: Was stabilisiert Dich sonst?
Neben Bewältigungsfragen (Wie schaffst du das?) und aktiver Ressourcenarbeit für Trauernde hilft hier die Frage nach Ausnahmen: Wann war es wenigstens ein kleines bisschen erträglicher? Oder ein kleines bisschen anders?
Das Erleben von Ausnahmen führt Coachees im besten Fall zu „Unterschieden, die einen Unterschied machen“, sagt Steve de Shazer seinem Buch in „Clues“.
Warum ist das so?
Menschen, die von einer „Ausnahme“ sprechen, dürfen zunächst bei ihrer Annahme bleiben, dass ihr Problem „immer“ bestehe, oder dass es „nie“ besser sei. Eine Ausnahme passiere schließlich zufällig, oder komme sehr selten vor, oder sei nicht beeinflussbar, so die Wahrnehmung.
Doch wenn wir eine Ausnahme durch Beobachtung und kluges Fragen untersuchen, zeigt sie eine andere Seite: Es gab mal einen Moment, in dem das Problem zumindest temporär gelöst war oder in dem der Zustand ein bisschen erträglicher war.
Eine und erst recht mehrere Ausnahmen können mit dieser Erkenntnis zum Gegenbeweis und Lichtblick werden, dass kein Zustand „immer“ und unverändert besteht.
Stattdessen entsteht Boden für das Zutrauen: Wo es schon anders war, kann es wieder anders kommen.
Und dieser Unterschied in der Wahrnehmung der Ausnahmesituation macht für meisten Menschen einen großen Unterschied!
Zum LinkedIn-Post über Unterschiede.
„Hope Lies in the Details“ — Dieser Satz hat mich umgehauen.
Ich habe ihn bei Yvonne Dolan gelesen, und es war die Antwort von Steve de Shazer auf die Frage, wo in lösungsfokussierten Gesprächen die Hoffnung ein Zuhause findet.
Die Hoffnung liegt in den Details, dieser Aha-Moment hat in meinem Kopf einen Kreis geschlossen zur einfachsten Nachfrage der Welt: „Was noch?“
🎨 Die Hoffnung liegt in den Detailbeschreibungen, wenn wir die beste Hoffnung für die Session mit der Frage konkretisieren, woran genau unser Gegenüber die Veränderung bemerken würde. Woran noch? Was fällt Dir noch ein? Und was lässt sich noch darüber sagen? Und wie bemerkt Partner_in oder Kolleg_in die Veränderung? Woran noch? Und was würde sie noch bemerken?
Auch eine erwünschte Zukunft explorieren wir mit „Was noch“-Fragen, bis wirklich gar nichts Neues mehr kommt.🎨
Dank der Details wird aus der Hoffnung auf eine Verbesserung etwas, das schon erlebt wird. Der Wunschzustand wird realisierbar, erreichbar und er entfaltet Sogkraft.
Die Kraft der Details zeigt sich in der Mitte der Unendlichen Geschichte, in der Szene nach dem Urknall. Die Kindliche Kaiserin gibt Bastian ein Sandkorn, das sich ganz hart und tot anfühlt. Bastian ist etwas enttäuscht und wünscht sich stattdessen etwas Lebendiges.
Und mit der Erfüllung dieses Wunsches entwickelt er in atemlosen Erzählen die Details: Das Sandkorn „glimmert und glitzert (..) und da züngelt eine winzige Flamme heraus“, dieses wird zu einem „leuchtenden Samenkörnchen, das zu treiben anfängt“ und schließlich Perelín, den leuchtenden Nachtwald hervorbringt. Die Kraft der Details lässt ganz Phantásien aus einem kleinen Sandkorn neu entstehen. Indeed, hope lies in the details.
(*) Den Dialog zwischen der Kindlichen Kaiserin und Bastian findest du in der Unendlichen Geschichte in Kapitel 13 „Perelín, der Nachtwald“, direkt nach dem „Urknall“.
Zum LinkedIn-Post über „Hoffnung„.
„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ – Albert Einstein
Doch was tun wir stattdessen?
Wenn etwas nicht funktioniert, mache etwas anders!
Manchmal haben wir eine gute Idee, was „das Andere“ ist, zum Beispiel, weil es schon einmal funktioniert hat, oder weil wir eine Ausnahme nutzen. Und selbst UND nichts einfällt, können wir einen Aspekt verändern – und prüfen, was passiert.
Beispiel? Jahrelang war mein erster Klick am Morgen eines Arbeitstages der auf den Webbrowser, der als Startseiten alle Social-Media-Seiten + ein paar Website-Kennzahlen eingestellt hatte (die ich damals für meinen Arbeitgeber betreut hatte). Die Aufgabe: liken, antworten, monitoren …
Als ich das erste Mal an einem anderen Standort arbeitete – habe ich es total vergessen, Twitter, LinkedIn und Co. zu prüfen. Bis 11 Uhr. Das war mir seit Jahren nicht passiert. Ein Ding war verändert – und schon hat mein System Schluckauf bekommen. Und das lässt sich nutzen! Zum Beispiel, um mit einem Ortswechsel Kreativität anzuregen …
Steve de Shazer berichtet in Buch „Clues“ von einer Klientin, die wegen chronischen Zähneknirschens zu ihm kommt. In der gemeinsamen Arbeit findet er genau wie unzählige Ärzte und Therapeuten vor ihm keine Ausnahme des Verhaltens, die einen ersten Hinweis auf eine mögliche Veränderung gibt.
De Shazer gibt der Klientin nun die Aufgabe, auf der anderen Bettseite zu schlafen. Und wie bei meiner Morgen-Routine: Es funktioniert.
Mit Ursache-Wirkungslogik ist diese Lösung nicht erklärbar. Wohl aber mit systemischem Denken: Jede Veränderung kann hilfreich sein, da jede Veränderung den Kontext verändert, in dem das Problem auftritt. (de Shazer, Clues, S. 58). Und in diesem veränderten Kontext tritt das Problem möglicherweise nicht mehr auf.
!! Auch wenn wir die Wirkungsweise nicht mit einem einfachen „Weil A, deswegen B“ erklären können.!!
Diese Art der Lösungsfindung funktioniert wie oben geschrieben gerade, wenn wir nichts finden, das schon funktioniert, keine Ausnahmen, die einen Unterschied machen, keine sich anbahnende Hoffnung auf Veränderung in den Details.
De Shazer ergänzt übrigens, dass Klient_innen oder Coachees möglicherweise im Nachgang eine Bedeutung für die Veränderung konstruieren, oder Thesen bilden, warum die Veränderung das Problem ursächlich löst. Das bedeutet nicht, dass die Erklärung einen komplexen Wirkzusammenhang abbildet. Sie zeigt eher, dass wir abgeschlossene Geschichten bevorzugen 😉
Und man darf das Wunder auf einfach bestaunen 🙂
Wie geht es Dir: Kennst du so was? (/und magst es teilen?)
Und bist du Team „Erklärung finden“ oder Team „das Wunder bestaunen“?
Zum LinkedIn-Post „… und wenn etwas nicht funktioniert?„.
Repariere nichts, das nicht kaputt ist!
Dieser Satz ist meine Lieblingshaltung aus der Lösungsfokussierung. Sie bedeutet: Finger weg, wenn es für den oder die Coachee kein Problem ist – egal, wie ich es finde.
„Kaputt“ darf etwas nur im Auge des Coachees sein. Es ist schließlich sein oder ihr Thema, das gelöst wird, nicht meins.
Das merke ich besonders in der Trauerbegleitung, wo sich die „Umstände“ der Überlebenden in ihrer Unterschiedlichkeit maximal auswirken.
Umstände sind extern wie intern gemeint: Werte und Glaube (an Gott, das Gute im Leben, Pech oder Schicksal), Selbstbild, Zugang zum Selbst und zu Kraftquellen, das Umfeld von Familie über Freundeskreis bis Arbeitskontext, …
Es spielen so unnennbar viele Faktoren hinein, wie Menschen mit einem Verlust im engsten Kreis umgehen können.
Und: In der Grenzsituation gibt es oft wenig Stabilität. Was heute noch ganz ist, kann morgen schon als kaputt wahrgenommen werden.
Konkret: Auch wenn Trauernde manchmal ähnliche Erfahrungen machen – zum Beispiel wie ihr Umfeld auf den Verlust reagiert – sind ihre Ableitungen selten gleich. Trauernde Eltern berichten manchmal, dass ein Nachbar / eine Nachbarin oder eine lose Bekannte bei einer zufälligen Begegnung die Straßenseite wechselt, scheinbar um einem Treffen auszuweichen.
Ob mein Gegenüber diese Situation als Problem einschätzt, das er_sie lösen möchte, kann ich nicht wissen.
- Denn einige Trauernde sehen die Reaktion und finden Verständnis für die Beklommenheit und Unsicherheit.
- Andere sehen sie und scheren sich nicht drum. Sie entscheiden sich dagegen, sich mit den Reaktionen anderer zu beschweren.
- Und wieder andere sehen ein Problem darin, und zwar das der anderen Person.
- Und ja, einige sind enttäuscht oder wütend.
Und erst für diesen letzten Punkt bin ich gefragt.
In allen anderen Interpretationen würde ich mit dem Kurz-Schluss „Das ist ja doof von deiner Nachbarin“ ein Problem aufwirbeln, das es vorher gar nicht gab.
Warum mir das so wichtig ist? An dem zu arbeiten, was mein Gegenüber lösen möchte, ist für mich der Kern von respektvollem Miteinander.
Das funktioniert besser ohne mein angebliches „Besser-Wissen“.
Was bedeutet die Haltung für Dich/ Sie?
Zum LinkedIn-Post „Repariere nichts, was nicht kaputt ist„.
Im letzten Post ging es um Annahmen, die mich vom Anliegen meines oder meiner Coachee weg führen.
Nicht auf die Annahmen zu reagieren, braucht Übung. Und als Schritt davor das Bewusstsein, dass es sie gibt – um sie überhaupt zu erkennen.
Steve de Shazer beschreibt in seinem Buch „Clues“ ein Bild, das mir hilft, möglichst wenig in Interpretationen und Annahmen zu denken: Die Karte ist nicht die Landschaft. Als ich den Satz gelesen habe, musste ich an die verschiedenen Arten von Karten in meinem Kinderatlas denken: Dort gibt es Karten mit Tieren, Bodenschätze, Meeresströmungen, Verkehrswegen, …
Jede dieser Karten abstrahiert auf ein eigenes Set an Merkmalen. Und ich kann nicht von einer Karte auf Merkmale schließen, die gar nicht abgebildet sind: Wenn ich eine Karte mit Höhenprofil anschaue, erkenne ich keine Bodenschätze. Eine Wetterkarte zeigt mir vielleicht nachträglich eingezeichnete Städte, aber vermutlich keine Autobahnen. Eine Karte mit historischen Grenzen spielt nicht die heutigen politischen Verhältnisse. Und dann gibt es ja auch noch Karten von Karten in verschiedenen Maßstäben und von anderen Gefilden – Sternenkarten zum Beispiel …
Wenn ich nun anfange, aufgrund des Höhenprofils über Bodenschätze zu spekulieren, interpretiere ich. Und genauso ist es meine Deutung, was das Problem meines Gegenübers ist, wenn ich aufgrund eines Gefühls von „kenne ich“ oder „hab ich schon mal gehört“ auf ein Problem schließe, oder gar eine Lösung parat haben will.
Und so sehr uns diese mentalen Abkürzungen bei der Bewältigung des Alltags nützen können: Im Coaching führen sie oft genug in die Irre, um sie sich abzugewöhnen.
Zum LinkedIn-Post „Die Karte ist nicht die Landschaft – gegen Vorannahmen„.
Wann ist ein Ziel im Coaching erreicht?
Wenn der oder die Coachee zufrieden ist. Und dafür muss es nicht perfekt werden.
10 von 10 Punkten wollen wir doch alle, oder?
Nö!
Auch wenn die 10 das vermeintliche Optimum einer Lösung beschreibt, sind viele Menschen mit einem Wert von 7 oder 8 oder 9 von 10 zufrieden. Oder mit 4.
Manche argumentieren mit dem Pareto-Prinzip und sparen den Teil des Aufwands, der vergleichsweise wenig Verbesserung bringt. Oder anders formuliert: Nicht für jedes Thema ist es von Nutzen, vom „Gut-genug“ einer 8 auf das „Wunderbar-bis-perfekt“ der 10 zu optimieren.
Und für andere Menschen darf die 10 von 10 unerreichbar bleiben…
- weil sich immer noch etwas verbessern lässt,
- weil sie immer noch etwas dazu lernen oder
- weil sich Dinge verändern.
Dann ist die 10 der Leuchtturm, der die Richtung angibt. Und er steht auf dem Land, wo unser Schiff nicht hinkommt.
Dann ist die 7 oder 8 oder 9 GUT GENUG!
Und zwar „gut genug“ für den oder die Coachee. Denn nur der oder die Coachee weiß, wann er oder sie zufrieden ist mit der gefundenen oder etablierten Lösung. Nicht ich.
Das hat viel mit der Haltung zu tun „Repariere nichts, das nicht kaputt ist“ – für mich sind die beiden Haltungen enge Geschwister. Sie stehen für den Respekt, dass der oder die Coachee entscheidet, wie sich ein gelöster Zustand anfühlt.
Zum Linkedin-Post „Was bedeutet gut genug?“ mit Visual.
Unterschiede, die einen Unterschied machen
1️⃣ 1) zeigen, dass kein Problem „immer“ besteht, und
2️⃣ 2) liefern einen Ansatzpunkt, der schon funktioniert.
Darauf können Coachees für ihre angestrebte Veränderungen aufbauen.
⏩Und wie geht es weiter?
Oft haben wir unser Ziel fest im Blick und wissen, welche Schritte wir tun sollten. Und manchmal klappt das nicht. Oder das Ziel wirkt so weit weg, dass die Entfernung unüberbrückbar scheint.
Dann ist es Zeit für das Arbeiten in kleinen Schritten, wie es Beppo Straßenkehrer, eine Figur aus Michael Endes Buch Momo, beschreibt (S. 36): Wenn er eine lange Straße sieht, die er kehren soll, spürt er manchmal eine Panik aufsteigen, die ihn in die Hetze treibt: „Dann fängt man an sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Und jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird. Und man strengt sich noch mehr an und am Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen.“
Beppo geht es hier so wie vielen von uns, wenn wir bei einer zu bewältigenden Aufgabe oder Veränderung nicht wissen, wo wir anfangen sollen: Die Aufgabe ist so groß, dass man sie nicht schaffen kann, oder so wirkt es. So darf man es also nicht machen. Und wie geht es stattdessen?
„Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. (…) Dann macht es Freude; das ist wichtig (…) und auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat“.
Die kleinen Schritte unterteilen die Straße in lauter Jetzt-Momente, und dann „macht es wieder Freude“. Und mit der Freude kommt die Motivation, und das Gefühl, etwas zu schaffen (aka Selbstwirksamkeit).
Im Coaching messen wir die Auswirkungen von Veränderungen mit einer Skala von 1 bis 10, bei der „10“ den gelösten Zustand beschreibt, und „1“ das Gegenteil. Die Coachees platzieren ihre aktuelle Situation auf einem Punkt X.
⏯ Anschließend simulieren wir den Fort-Schritt um einen Punkt: Und wie ist es bei X+1?
Dieses Jetzt +1 detaillieren wir durch Nachfragen, wie beim Ziel. Das ist der Fokus auf den nächsten Atemzug, den nächsten Besenstrich:
Welchen Unterschied macht es? Was ist noch anders? Und auch: Was hat zu der Veränderung geführt? Und was noch? Und was ist ein erster Schritt, um diese Veränderung Realität werden zu lassen? Diese Details machen die Zukunft fast-schon-greifbar, die Veränderung spürbar. Sie machen Hoffnung.
Und beim nächsten Gespräch können wir prüfen, welche Veränderung sich tatsächlich eingestellt hat. Und wie die Welt sich mit dem nächsten +1 anfühlt.
Genauso lange, bis es gut genug ist.
Zum LinkedIn-Post „In kleinen Schritten zum Ziel„.