Was ist Trauer? Eine Person sitzt allein auf einer Parkbank. Die leere Stelle neben ihr symbolisiert Einsamkeit oder Verlust. KI-generiertes Bild, erstellt mit DALL·E.
KI-generiertes Bild, erstellt mit DALL·E

Trauer: Eine Definition

Trauer ist die normale Reaktion nach einem Verlust, v.a. nach einem Todesfall.

Dieser Artikel liefert eine schnelle Definition von Trauer und gibt eine längere Erklärung über die Hintergründe von Trauer. Weitere Inhalte:

 
 

Was ist Trauer?

Trauer ist die normale Reaktion, die Menschen nach einem Verlust zeigen. Trauer ist dabei ein Prozess, kein Gefühl (das wäre Traurigkeit).

Wir sprechen oft von „Trauer“ nach dem Tod eines Menschen. Und es gibt Trauer nach anderen Verlusten, etwa bei Krankheit als Verlust der Gesundheit.

Trauern ist menschlich

Die Fähigkeit zu trauern, ist uns als soziale Wesen mitgegeben: Wir fühlen den Verlust, reagieren darauf, und verändern etwas, um nach und mit einem Verlust weiterleben zu können.

Nach dem Tod eines Menschen bedeutet das zum Beispiel oft, eine andere Art der Verbindung zu schaffen. Die verstorbene Person darf wichtig bleiben, auch nachdem sie gestorben ist.

Die Art zu trauern ist sozial, kulturell und religiös geprägt

Gleichzeitig ist die Art, wie wir Trauer ausdrücken, gesellschaftlich geprägt, zum Beispiel

Sozial geprägt: Frauen werden z. B. stärkere Formen von Trauer zugestanden als Männer; oder Männer erwarten von sich selbst, in der Trauer stabil zu sein.

Religiös geprägt: Im Christentum gilt der Tod auch als Erlösung vom Irdischen, drückt sich manchmal in Formulierungen wie „Dem / der Verstorbenen geht es jetzt besser“ aus.

Kulturell geprägt: In Deutschland wird heute still und fast schon im Verborgenen getrauert, während in Italien z. B. lange als lautes Klagen als „schicklich“ galt.

Da alle Themen um Tod und Sterben – und damit auch Trauer – in Deutschland lange als private Themen galten, die öffentlich nicht stattfanden, ist viel Wissen über Trauer verloren gegangen. Dadurch wissen viele Menschen nicht mehr, was bei Trauer passiert – oder ob sie es überhaupt „können“.

Ich kann Ihnen versichern: Sie können das.

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Wozu trauern wir?

Trauer sorgt dafür, dass wir uns an ein Leben nach einem Verlust anpassen.

Das bedeutet: Trauer ist so individuell wie das, was der Verlust für den oder die Hinterbliebenen bedeutet.

Trauer versetzt uns in einen Zustand, in dem Menschen sich zurückziehen und ihr Leben verlangsamen, um den Verlust zu realisieren. Gleichzeitig appellieren viele Gefühle in der Trauer (etwa Traurigkeit) an unsere Mitmenschen, uns zu unterstützen.

In Ihrem Buch „The Grieving Brain“ (bisher nicht in Deutsch erschienen) trägt die US-amerikanische Neurowissenschaftlerin und Psychologin Mary-Frances O’Connor den aktuellen Stand der neurowissenschftlichen Forschung zu Trauer zusammen und erklärt Trauer so:

Menschen sind zeitlich und räumlich orientiert.

  • Zeitlich bedeutet: Wir können uns erinnern. Und das zeitlich einordnen als lange her oder vor kurzem.
  • Räumlich bedeutet: Wir bauen uns ein mentales Modell von unserer Umwelt: Das bedeutet zum Beispiel, dass wir wissen, wo der Lichtschalter ist – und wir nutzen ihn automatisch, wenn wir zB aus dem Zimmer gehen. Wir haben eine innere Karte, die uns sagt, wo der Lichtschalter ist, und sie betätigen ihn, ohne hinzusehen.

Diese beiden Mechanismen nutzen wir auch für unsere soziale Orientierung: Wir ordnen alle Menschen um uns herum auf einer inneren Landkarte danach ein, wie persönlich nah oder fern sie uns sind.

Über die Menschen, die uns nah sind, machen wir Vorhersagen oder Annahmen, die wir nicht in Frage stellen. Wenn eine nahe Person zum Beispiel zur Arbeit geht, machen wir die Annahme, dass er oder sie abends wieder kommt. Darauf verlassen wir uns.

Wenn nun jemand Nahes stirbt, dann ändert sich das: Die Person ist plötzlich ja eben nicht mehr „da“, wenn sich räumlich nicht da ist. – Und das widerspricht allen unseren Voraussagen. Obwohl die Person mir auf meiner inneren Karte noch nah ist, kommt sie plötzlich abends nicht mehr nach Hause.

Diese Realisation, dieses Umschreiben der inneren Karte, dauert und ist anstrengend!

Anders formuliert: Der Tod passiert schnell und unser Hirn kann sich nicht so schnell an diesen Verlust anpassen, wie er passiert. Während wir uns anpassen, trauern wir.

Um was trauern wir?

Oft ist mit Verlust der Tod von Menschen gemeint, es können aber auch andere Verluste sein, um die man trauert:

Die erste Begegnung mit dem Tod haben viele von uns in der Kindheit nach dem Tod eines Tieres gehabt. Dabei lernen viele kleine Menschen, was Tod ist, und sie lernen oft zum ersten Mal Trauer kennen.

Als Erwachsene trauern wir nicht nur bei Todesfällen in unserem Umfeld, sondern zum Beispiel auch nach einer Trennung. Und auch andere Verluste werden betrauert, etwas der Verlust der Gesundheit nach einer schlimmen Diagnose oder im Alter.

Trauern Tiere? Oder trauern nur Menschen?

Genau wissen wir es natürlich nicht, aber es gibt Anzeichen, dass auch sozial lebende Säugetiere trauern.

Barbara J. King berichtet im Video unten von Orcas und Elefanten, die ein totes Herdenmitglied anstupsen, drumherum gehen und sich mehrere Stunden mit ihm beschäftigen.

Von Menschenaffen ist belegt, dass sie ihre Verstorbenen berühren und für trauernde Mitglieder ihrer Gruppe sorgen.

Welche Reaktionen zeigen Menschen in der Trauer?

Die Reaktionen von Trauernden sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst: Manche ziehen sich zurück, andere suchen sich viel Hilfe.

Manche Trauernde erleben starke Gefühlsschwankungen, manche Trauernde leiden unter körperlichen Symptomen oder Schmerzen, manche Trauernde arbeiten an Sinn- und Glaubensfragen, während andere davon weit weg sind.

Hier ist eine nicht vollständige Auflistung. Mehr gibt es im Artikel über Trauer-Gefühle und Trauer-„Symptome“.

Emotionsbezogene und psychische Reaktionen
  • Weinen, Wut und Aggression
  • Desinteresse, Apathie und Antriebslosigkeit
  • Angst, Panik
  • Verletzlichkeit oder Dünnhäutigkeit
  • Störungen im Essverhalten, von Appetitlosigkeit bis übermäßiges Essen
  • Schlafstörungen
  • Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Verspannungsschmerzen
  • Frieren
  • Störungen in der Verdauung
  • Störungen im Sexualleben
  • Vergesslichkeit, mentale Überforderung
  • Rückzug
  • Um Hilfe bitten
  • Schuldgedanken
  • Hadern mit dem Schicksal
  • Glaubenskrisen und Zweifel an Gott
  • Erschütterter Glauben an das Gute im Leben
  • Verlust von Sicherheit
  • Zweifel am Selbstbild (Trauernde erleben sich zB als ausgeliefert und verletzlich)

Was sind Coping-Mechanismen?

Coping bedeutet auf Deutsch „bewältigen“. Coping-Mechanismen (oder Coping-Strategien) helfen uns, eine schwere Situation zu überleben.

Coping ist weniger aktiv gemeint, als sich der Begriff „bewältigen“ liest: Coping ist ein Automatismus, es fasst Überlebensprogramme zusammen.

Deswegen benutze ich lieber den Begriff Mechanismen als „Strategien“: Strategien sind aktiv, und ihr Einsatz oft geplant. Im Coping passiert vieles automatisch.

Coping-Mechanismen können sein: sich Hilfe holen, schlafen, Gefühle und Körper weniger spüren, sich zurückziehen, Rituale finden, sich ablenken.

Ja, Ablenkung gehört dabei als gesundes Pendeln zum Trauerprozess dazu: Die Beschäftigung mit etwas anderem gibt Kraft.

Trauer in Abgrenzung zu Trauma und Depression

Ist Trauer das Gleiche wie Trauma?

Trauma bedeutet für mich eine Verletzung – körperlich kennen wir das z. B. als Schädel-Hirn-Trauma. Je nachdem, wer stirbt, wie diese Person stirbt und wie die Beziehung ist, kann man einen Todesfall als emotionale oder psychische Verletzung sehen.

Das heißt aber nicht gleich, dass daraus ein „Trauma“ im umgangssprachlichen Sinn wird: eine Folgestörung nach einem Trauma, also ein bleibender Schaden.

Trauer ist also nicht gleich Trauma und führt auch nicht automatisch dazu.

In vielen Fällen (die Wissenschaft geht von mindestens 70 % der Trauernden aus) heilt die Wunde, die nach einem Todesfall oder einem anderen Verlust entsteht, ohne besondere Eingriffe von außen. Denn genau dazu ist Trauer da: Trauer ist genau der Prozess, in dem eine Anpassung, die Heilung, für die innere Verletzung nach einem Todesfall passieren kann.

Trauerfluss und Trauma-Eisberg

Chris Paul verwendet hier das Bild von Trauer als einem Fluss, der fließt. Eine Traumafolgestörung ist für sie eher ein Eisberg, der das Fließen des Flusses behindert. Und ja, es gibt Faktoren oder Ereignisse, deren Auswirkungen nachhaltig belasten, also zu einer Trauma-Folgestörung führen. Diese sollten in einer spezialisierten (und idealerweise trauer-informierten) Trauma-Therapie behandelt werden.

Und noch mal: Das bedeutet nicht, dass Trauer – oder bestimme Todesumstände – automatisch in ein umgangssprachliches Trauma, also eine nicht heilende Verletzung oder gar eine anhaltende Störung führen.

Ist Trauer eine Krankheit?

Trauer ist keine Krankheit, sondern eine normale menschliche Reaktion auf einen Verlust. Aber:

  • Trauer kann einer Krankheit ähneln, etwa in Appetitlosigkeit und Antriebslosigkeit.
  • Trauer kann eine (psychische) Erkrankung verstärken.
  • Trauer kann die Leistungsfähigkeit einschränken und zu einer Arbeitsunfähigkeit führen (und es ist trotzdem keine Krankheit).
  • Nicht-Trauern kann krank machen.

Warum ich trotzdem sage, dass Trauer keine Krankheit ist? Weil es ein normal-menschlicher Prozess ist: Trauer ist dazu da, sich nach einem Verlust an die erzwungene Veränderung anzupassen. Je nach Verlust kann das schwer sein und dauern. Und es ist trotzdem in vielen Fällen keine krankhafte Entwicklung, die behandelt werden muss.

Gleichwohl können niedrigschwellige Angebote wie Trauergruppen oder professionelle Trauerbegleitung helfen, besser mit der Trauer zurechtzukommen.

Ist Trauer = Depression?

Traurigkeit, Energielosigkeit und ein hohes Schlafbedürfnis – oder auch Schlafstörungen, Antriebslosigkeit – akute Trauer und Depression können von außen ähnlich aussehen, und manche Trauernde berichten von depressiven Episoden. Trauernde sind deswegen nicht automatisch depressiv.

Trauer ist ein Anpassungsprozess, den viele Trauernde als wellenartig beschreiben. Das heißt: Das Stimmungsbild verändert sich in der Trauer oft. Im Vordergrund stehen Schmerz, Traurigkeit, auch Angst. In einer Depression leiden viele Betroffene dagegen oft eher unter Antriebslosigkeit und Erschöpfung.

Auch wenn Trauernde zeitweise depressiv wirken, wechseln sich diese Zeiträume in den meisten Fällen mit Momenten ab, in denen Erholung möglich ist oder sie zum Beispiel Erledigungen machen können.

In einer Depression kann der Alltag oft länger nicht bewältigt werden, die natürlichen Erholungsphasen, die es in der Trauer gibt, bleiben aus, und statt Verlustschmerz herrschen in einer Depression eher Weltschmerz oder Selbstzweifel vor.

Sicher ist auch: Wenn Trauernde Depressionen aus einer früheren Lebensphase kennen, sollten sie sich aufmerksam beobachten.

Dem wohlmeinenden Rat eines Umfelds, das Trauer mit Depression verwechselt, möchte ich dagegen mehr Geduld mit der Trauer ans Herz legen.

Wann ist Trauer am schlimmsten?

Die Zeit direkt nach dem Tod ist am schlimmsten, denken viele Menschen.

Für die meisten Trauernden, die ich kennengelernt habe, gilt das, und gleichzeitig nicht.

Bei manchen Trauenden sind so etwas wie Schock und Fassungslosigkeit in den ersten Stunden vorherrschend. Andere stürzen sich in die Organisation der Beisetzung oder in andere Erledigungen.

Für viele Trauernde beginnt nach der Beisetzung eine schwere Zeit: Es gibt weniger zu tun, die Hilfsangebote werden seltener und der Alltag zieht ein.

Dabei fällt manchen Trauernden auf: Die Welt hat sich weitergedreht, obwohl die eigene Welt stillsteht. Das ist schmerzhaft. Dieses Ankommen im Alltag ist hart. Hier wird endgültig klar: Die verstorbene Person ist wirklich nicht mehr da, kommt wirklich nicht zurück.

Dieses Begreifen dauert. Je enger eine trauernde Person im Alltag mit der oder dem Verstorbenen war, desto mehr muss anders gemacht, neu organisiert oder gelernt werden.

Trauer nach 6 Monaten

Ein halbes Jahr wirkt lange her, richtig? Genug Zeit, über einen Todesfall hinwegzukommen, denken viele Menschen im Umfeld von Trauernden.

Und für Hinterbliebene sind 6 Monate keine lange Zeit. Die meisten sind zwar schon wieder im Alltag angekommen, und sie funktionieren, von außen betrachtet, und auch viele Trauernde nehmen sich als funktionierend wahr. Und gleichzeitig beschreiben manche Trauernde ihre Trauer nach 6 Monaten als besonders schwer, weil das Umfeld den Verlust vergisst und weniger Rücksichtnahme zeigt.

Hier kann das Gespräch mit nahen Menschen helfen oder der Besuch einer Trauergruppe, um über den Verlust, die dazugehörigen Gefühle und Anpassungen zu sprechen.

Und: Trauer darf dauern (mehr im Artikel über Trauer: Wann wird es besser?). Und oft länger als einem Umfeld bewusst ist. Lassen Sie sich also auch vom wohlmeinenden Umfeld nicht in eine Therapie drängen.

Anhaltende Trauerstörung – nach 6 Monaten feststellbar?

Nach dem sogenannten ICD-11 wird Trauer unter bestimmten Voraussetzungen als Störung verstanden, die Anspruch auf Therapie gibt.

Für die Diagnose anhaltende Trauerstörung müssen folgende Kriterien erfüllt werden (aus ICD-11).

Es tritt eine anhaltende und tiefgreifende Trauerreaktion auf, „die durch Sehnsucht nach dem Verstorbenen oder anhaltende Beschäftigung mit dem Verstorbenen gekennzeichnet ist, begleitet von intensivem emotionalem Schmerz“.

Als Beispiele für den intensiven emotionalen Schmerz werden z. B. „Traurigkeit; Schuldgefühle; Wut; Verleugnung; Schuldzuweisung; Schwierigkeiten, den Tod zu akzeptieren; das Gefühl, einen Teil von sich selbst verloren zu haben; die Unfähigkeit, eine positive Stimmung zu erleben; emotionale Gefühllosigkeit; Schwierigkeiten, sich an sozialen oder anderen Aktivitäten zu beteiligen“ genannt.

Diese Störung soll außerdem „eindeutig die erwarteten sozialen, kulturellen oder religiösen Normen für die Kultur und den Kontext der Person“ übersteigen und „eine bedeutsame Beeinträchtigung in persönlichen, familiären, sozialen, ausbildungsbezogenen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen“ nach sich ziehen.

Die Symptome müssen zudem über einen längeren Zeitraum, mindestens 6 Monate, auftreten. Die Zeitangabe ist mit Vorsicht zu genießen: Wenn etwa der Ehepartner verstirbt oder ein Kind, sind starke Trauerreaktionen nach 6 Monaten wirklich keine Seltenheit. Und auch nach mehr als einem Jahr darf die Trauer noch eine Rolle spielen.

Mein Rat: Suchen Sie Unterstützung für Ihre Trauer – das in jedem Fall. Aber lassen Sie sich von solchen Zeitangaben nicht verunsichern: Je nach Todesfall und Beziehung ist Trauer nach 6 Monaten nicht krankhaft und keine Störung.

Qualifizierte Trauerbegleitende klären ab, ob Ihre Trauerreaktion besonders „behandlungsbedürftig“ ist. Und sie können mit Ihnen an der Trauer arbeiten, ohne sie als Krankheitsbild oder „behandlungsbedürftig“ zu sehen.

Wenn Sie sich für eine Therapie entscheiden, achten Sie bitte unbedingt darauf, dass der Therapeut oder die Therapeutin sich für Trauer-Prozesse weitergebildet haben. Trauer ist kein Standard-Thema, dass automatisch in der Ausbildung gelehrt wird.

Trauer nach einem Jahr

„A succession of firsts“ – eine Folge von ersten Malen, so beschrieb eine meiner Klientinnen ihr erstes Trauerjahr. Das erste Familienfest beim runden Geburtstag ihres Bruders – ohne die verstorbene Person. Der erste eigene Geburtstag – ohne die verstorbene Person. Das erste Weihnachten und der Jahreswechsel – ohne die verstorbene Person. Der erste Hochzeitstag als Witwe. Der erste Geburtstag des verstorbenen Mannes nach seinem Tod. Der erste Jahrestag des Todes.

Und dazwischen viele kleine Momente: Das erste Mal Freunde in einer großen Runde treffen, als einzige Witwe. Das erste Mal allein wegfahren. Das erste Mal das Handy auf ein neues Modell umziehen, alleine.

Für manche Trauernde schließt sich ein Kreis, wenn sie den ersten Todestag sicher hinter sich haben. Sicher bedeutet oft: ein paar Wochen später. Auch danach gibt es noch schwere Tage und weitere „Firsts“. Und trotzdem macht der Zeitabschnitt von einem Jahr etwas: Wir haben vieles schon einmal erlebt und überlebt.

Was manche Trauernde auch sagen: Das zweite Jahr ist anders schwer. Nicht zuletzt, weil der Tod für das Umfeld endgültig lange her ist. Damit sinkt manchmal das Verständnis bei Freunden und Bekannten, wenn ein Tag schwer ist. Oder es wird weniger über die verstorbene Person gesprochen.

Dem können Trauernde vorbeugen, wenn sie sich trauen, über ihre Trauer und die Gefühle, die mit dem Verlust einhergehen, zu sprechen. Wenn sie selbst anerkennen können, dass eben noch nicht „alles wieder gut“ sein muss; und dass es gleichzeitig viele gute Momente geben darf. Das steht nicht im Widerspruch zueinander.

Trauer nach 3 Jahren und länger

Nach 3 oder mehr Jahren rückt die Trauer für viele Trauernde etwas in den Hintergrund.

Und trotzdem darf es noch Momente oder Tage geben, die schwer sind, oder Tage, die Angst machen. Das kann besonders dann der Fall sein, wenn besonders enge Zugehörige gestorben sind, der Tod sehr plötzlich kam oder wenn andere Belastungen die Trauer erschweren. Wenn etwa das eigene Kind gestorben ist, sind drei Jahre kein langer Zeitraum. Ebenso kann ein junger Witwer, der nach dem Tod der Partnerin alleinerziehend für zwei Kinder ist, nach drei Jahren möglicherweise erst aufatmen, weil die Kinder selbstständiger werden und er dadurch entlastet ist.

Auch hier gilt: Es gibt Faktoren, die die Trauer verlängern können – und es gibt keinen Automatismus.

Wenn Trauer länger anhält, können Trauerbegleitung oder Trauer-Therapie helfen, spezielle Anliegen wie Schuldgedanken oder Erinnerungsarbeit zu bearbeiten.

Was ist Trauer, wenn nicht menschlich

Menschen können trauen. Das Innere, das Verarbeiten, das um den Verlust herumwachsen, ist uns als soziale Wesen gegeben. Genauso stimmt: Die Art, wie wir Trauer zeigen, sie uns zugestehen oder nicht, ist gesellschaftlich geprägt

Einige Männer, gerade aus einer älteren Generation, tun sich oft schwer, Gefühle zu zeigen. Und Frauen wird viel eher das „Recht“ zugesprochen, zu weinen oder Gefühle laut zu zeigen. Das sind gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die das Verhalten und das Selbstbild von Menschen prägen.

Diese Bilder sind nicht für jede Person hilfreich. Denn was einer individuellen Person in der Trauer guttut, ist von weit mehr als gesellschaftlichen Erwartungen abhängig.

Und: Es gibt nicht die eine gute Art zu trauern. Manche Menschen reden mit jeder Person in Ihrem Umfeld, manche suchen sich viele Hilfsangebote, manche ziehen sich zurück, manche arbeiten im künstlerischen oder handwerklichen Tun an ihrer Trauer, manche verarbeiten gut in Bewegung.

Darin ist Trauer so unterschiedlich wie die Menschen, die trauern, und die Beziehung zu den Menschen, die sie betrauern.

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