
Trauer-Management in Organisationen:
Eine Kostenbetrachtung
Trauer am Arbeitsplatz – ist das wirklich ein Thema?
Mitarbeitende trauern um Partner_innen, Eltern, Kinder, Geschwister und Freund_innen, und manchmal auch um Kolleg_innen.
In diesem Artikel geht es um die Betrachtung möglicher Folgekosten, wenn Trauer bei Mitarbeitenden (und andere Krisensituationen) schlecht gemanaged werden.
Haben Sie überhaupt trauende Mitarbeitende?
Starten wir mit ein paar Daten, warum sich Unternehmen um den Umgang mit Trauer kümmern sollten:
Jedes Jahr sterben allein in Deutschland mehr als 1 Million Menschen. 2023 waren es genau 1.028.206 Verstorbene. Diese Zahlen stammen aus der offiziellen Bevölkerungsstatistik des Statistischen Bundesamtes (Die Zahlen für 2024 waren zum Erscheinen dieses Artikels noch nicht erschienen.)
Je nach Größe des Unternehmens ist es damit statistisch betrachtet ziemlich wahrscheinlich, dass eine_r der eigenen Mitarbeitenden einen Todesfall auch im engeren Umfeld erlebt.

Trauer, die nicht immer sichtbar ist…
Viele dieser Verstorbenen werden betrauert, und viele Trauernde finden zum Glück einen guten Weg durch ihre Trauer.
In der Fachliteratur geht man davon aus, dass etwa 3 von 4 Trauernden einen Todesfall ok mit eigenen Mitteln bewältigen. Das bedeutet nicht, dass diese Menschen als Mitarbeitende „einfach so“ weiter performen wie bisher. Auch ein normaler Trauerverlauf könnte die Leistungsfähigkeit eines_einer Mitarbeitenden zumindest kurzzeitig beeinflussen – wie andere persönliche Veränderungen auch.
Deswegen könnte es für Sie als Führungskraft oder HR-Experte_in gut sein, von dem Trauerfall zu erfahren. Auch wenn scheinbar jemand Entferntes gestorben ist oder der_die Mitarbeitende gut zurechtzukommen scheint.
… und Fälle, die betroffen machen
Darüber hinaus gibt es eine Menge Todesfälle, die An- und Zugehörige schlicht aus der Bahn werfen. Wenn ein_e Mitarbeiter_in zum Beispiel
- eine der zehntausenden Schwangerschaften erlebt, bei denen das Kind in der Schwangerschaft verstirbt, und damit oft auch ein Stück Leichtigkeit abhanden kommt,
- Elternteil, Großelternteil, Tante oder Onkel von jungen Menschen sind, die vor dem 20. Geburtstag gestorben sind (2023 waren es 4.371 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene). Für diese Menschen ändert sich nicht selten die Sicht auf die Welt,
- als An- oder Zugehörige_r nach einem der mehr 10.000 Suizide (2023) in Deutschland zusätzlich zur Trauer oft auch Scham oder Schuldgedanken mit sich trägt,
- Witwe oder Witwer, Sohn oder Tochter, Kollege oder Kollegin von Verstorbenen nach langen Erkrankungen ist (zum Beispiel ca. 235.000 Verstorbene nach Krebs in Deutschland 2023, um nur ein Beispiel zu nennen). Viele dieser Hinterbliebenen kämpfen nach längeren Pflegezeiten gegen Erschöpfung.
Viele dieser zuletzt genannten Todesfälle werden das Wohlbefinden von Mitarbeitenden auch über einen längeren Zeitraum beeinflussen. Arbeitsausfälle von mehreren Monaten sind keine Seltenheit, zum Beispiel wenn Kinder oder der Partner bzw. die Partnerin sterben. Auch Konzentrationsmängel und eine temporär niedrigere Belastbarkeit sind in den ersten Monaten und auch bis zu 1 Jahr nach einem Todesfall keine Seltenheit, auch in „normalen“ Trauerverläufen. Überrascht von der Länge? Hier gibt es mehr zur Dauer von Trauer.
Spätestens dann wird Trauer zum Thema für Führungskräfte und das Personalmanagement. Denn diese Mitarbeitenden haben einen Anspruch darauf, dass ihr Arbeitgeber auch für sie sinnvolle Rahmenbedingungen schafft.
Zum Beispiel, indem Sie in einem Workshop zum Trauer-Management Rahmenbedingungen festlegen, mit denen Führungskräfte im Fall der Fälle arbeiten können.
Was kostet Trauer Ihr Unternehmen?
Trauer-Management bedeutet, den Umgang mit Trauenden im Unternehmen vorzubereiten, so wie andere Lebensereignisse auch. Das ist im Interesse von Arbeitgebern.
Und eins vorneweg: Es geht hier nicht darum, Mitarbeitende möglichst schnell an den Arbeitsplatz zurückzuzwingen. Sondern darum, die Bedingungen so zu gestalten, dass Mitarbeitende ihr berufliches Umfeld gerade in persönlichen Krisensituationen als unterstützend und hilfreich erleben.
Denn ja: Viele Menschen empfinden es als stützend, wenn die Arbeit ihnen Struktur gibt, sie kurzzeitig ablenkt, Erfolgserlebnisse beschert, oder wenn sie die Sicherheit der täglichen Routine nicht verlassen müssen. Von finanziellen Aspekten einmal abgesehen.
Schade ist, wenn Mitarbeitende länger ausfallen als sie möchten, weil sie sich nicht „fit“ genug fühlen für ein Arbeiten-als-wäre-nichts-gewesen. Oder weil sie sich nicht trauern, nach Erleichterungen zu fragen. Oder weil sie das Gefühl haben, das Gesicht oder den Stand zu verlieren, wenn sie Trauer zugeben (und nein: Trauer ist keine Schwäche!!). Oder weil…
Dann entstehen dem Unternehmen unnötig Kosten.
Pro schlecht gehandeltem Trauerfall könnten durchschnittlich mehr als 8.000 € an reinen Entgeltkosten entstehen.
Dazu habe ich im Januar 2025 auf LinkedIn eine plakative Rechnung veröffentlicht, mehr im Screenshot unten.
Wie gesagt: Das sind nur Entgeltkosten. Hinzu kommen weitere direkte Kosten, wenn Arbeit umverteilt, neu priorisiert oder Arbeitsleistung ersetzt werden muss, zum Beispiel für:
- Überstunden anderer, um Arbeitsausfälle aufzufangen,
- Overheadkosten fürs Priorisieren und Managen,
- aufgeschobene Projekte etc.
Screenshot von meinen LinkedIn_Beitrag über Kosten von Trauer, Post vom 7. Januar 2025.
Klick aufs Bild führt zum Post bei LinkedIn.
Indirekte Kosten durch schlechten Umgang mit Trauer
Hinzu kommen die indirekten Kosten für den schlechten Umgang mit trauenden Mitarbeitenden. Viel schwerer bezifferbar, gleichzeitig wiegen sie vermutlich schwerer.
Diese indirekten Kosten sind:
- Folgen durch Überlastung anderer Team-Mitglieder, um Abwesenheit der trauernden Person auszugleichen,
- Produktivitätseinbußen im Team durch Unsicherheit beim Umgang mit Thema „Trauer“ oder mit der_die trauernden Kolleg_in, die zB ein Team-Lead wegen mangelnder Vorbereitung / Unterstützung nicht auffangen kann,
- weniger belastbare 1:1-Beziehungen zu Führungskraft oder „Arbeitsfreunden“,
- Langzeitfolgen durch nicht anerkannte / unterdrückte / aberkannte Trauer,
- sinkende Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit dem Arbeitgeber – nicht nur bei der trauenden Person sondern auch bei Kolleg_innen (weil zB der Eindruck entsteht, eine persönliche Krisensituation wird vom Arbeitgeber nicht mitgetragen),
- die Bindung der Mitarbeitenden an Arbeitgeber sinkt,
- Produktivitätseinbußen bei der trauernden Person nach der Rückkehr, zb durch Konzentrationsmangel, die durch anderes Handling mindestens kleiner ausfallen würden.
Diese Kosten entstehen Unternehmen durch den schlecht gemanagten Umgang mit Trauer und Krisen bei Mitarbeitenden. Einige sicher, einige möglicherweise.
Mit diesen Eckdaten können Sie die eine Seite Ihrer Rechnung aufmachen, ab wann es sich finanziell rechnet, in ein Trauer-Management zu investieren.
Die andere Seite – die Nutzenbetrachtung – finden Sie in diesem Artikel über den Nutzen von Trauer-Management als Teil einer gelebten Unternehmenskultur.